Film des Monats: Oktober 2024
Ist es möglich, künstlerische Ästhetik und politische Wirkung voneinander zu trennen? Im Falle von Leni Riefenstahl wird diese Frage mittlerweile wohl fast niemand mehr mit ja beantworten. Doch sie selbst sah dies zeitlebens völlig anders. Sie betrachtete sich als Künstlerin. Bestmöglich habe sie ihre Aufträge erfüllen wollen. Für wen und warum? Das sei ihr egal gewesen.
Andres Veiel beleuchtet in seinem Dokumentarfilm Leben und Werk von Leni Riefenstahl, DER Filmregisseurin der Nationalsozialisten. Produzentin Sandra Maischberger und das Filmteam haben eine beeindruckende Fülle von Material gesichtet und ausgewertet. So werden neben Filmausschnitten von Riefenstahls eigenen Filmen, TV-Interviews, Fotos auch Telefonanrufe, die Riefenstahl mitschnitt, genutzt und verdichtet. Riefenstahl sammelte selbst akribisch Material über ihre Person, das für den Dokumentarfilm erstmalig aufgearbeitet wurde.
In den Jahrzehnten nach dem Krieg war es Leni Riefenstahl eine Herzensangelegenheit, ihr Vermächtnis im bestmöglichen Licht erscheinen zu lassen. Riefenstahls Aussagen über das, was sie über die NS-Gräuel angeblich nur wusste, obwohl sie zum Inner Circle der Nationalsozialisten gehörte, machen fassungslos. Dass diese nicht stimmen, offenbart Riefenstahl selbst durch die kluge Komposition des Materials im Film.
Doch trotz ihrer streitbaren Person ist es sehr erhellend, sich knapp zwei Stunden mit Leni Riefenstahl auseinanderzusetzen. Neben der NS-Zeit werden auch ihre weniger bekannten Arbeiten, beispielsweise als Fotografin in Afrika, thematisiert. Und während das Archivmaterial Riefenstahls Selbstinszenierung dekonstruiert, lassen sich viele Parallelen zu heute gängigen Inszenierungsstrategien – von der politischen Inszenierung bis Social Media – erkennen.
Andres Veiel beweist nach „Beuys“ erneut, wie spannend und unbedingt kinotauglich ein Dokumentarfilm aus Archivmaterial sein kann.
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