Film des Monats: Mai 2007
Die junge Dänin Mie und ihr palästinensischer Freund Shadi lieben sich. In der Wohnung, in der Mie mit ihrer Mutter und ihrem Bruder Per lebt, können sie sich ungestört treffen. Per lehnt Mies Freund ab. Und Shadis Eltern dürfen nichts von der Beziehung wissen. Eines Tages wird Per brutal zusammengeschlagen und fällt ins Koma. Der Verdacht richtet sich sofort auf die ausländischen Jugendlichen, und möglicherweise ist sogar Shadis älterer Bruder Tareq an dem Überfall beteiligt.
„1:1“ von Annette K. Olesen ist wie eine Versuchsanordnung angelegt. Am Anfang und am Ende blickt die Kamera aus der Vogelperspektive auf die anonyme Kopenhagener Vorstadt, in der der Film spielt. In den 70er Jahren als zukunftsweisende Wohnform konzipiert, findet sich in der Siedlung nun eine Agglomeration von Menschen unterschiedlicher Kulturen und Lebensformen: Mies Mutter etwa, eine Sozialarbeiterin, die sich bewusst für ein Leben im multikulturellen Kontext entschieden hat. Oder Shadis Eltern, die bemüht sind, sich den Lebensbedingungen zu assimilieren und ihren Kindern eine gesicherte Zukunft zu ermöglichen. Der Film versucht, das Alltägliche des Nebeneinanders zu dokumentieren, stellt aber auch die wechselseitigen Vorurteile deutlich heraus. Für die jungen Palästinenser ist Mie eine „dänische Nutte“, und für Per ist Shadi nur ein „Neger“.
„1:1“ verweist auf das komplexe Ursachengeflecht, das dem gegenseitigen Misstrauen von Jugendlichen zugrundeliegt, die ihre eigene Identität wie die ihrer Peergroups vornehmlich aus dem Gefühl ethnischer Zusammengehörigkeit beziehen. Anders als der verhärtete dänische ‚Karikaturenstreit’ lässt der Film aber die Hoffnung zu, dass diese Gräben zu überbrücken sind, wie gefährdet solche Versuche auch sein mögen. Indem die Regisseurin den Zuschauer zwischen die Fronten versetzt, gelingt ihr ein Lehrstück über die eingewurzelten Stereotypen und Schuldzuweisungen, die das Zusammenleben von Einheimischen und Migranten belasten.
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