Film des Monats: Dezember 2006
Ein Schuss in der marokkanischen Wüste verknüpft drei Geschichten. Beim Spiel mit dem Gewehr ihres Vaters verletzen die Brüder Ahmed und Yussef eine US-amerikanische Touristin, die mit ihrem Mann unterwegs ist, um den Tod eines Kindes zu verarbeiten und ihre Ehe wieder ins Lot zu bringen. Währenddessen geraten ihre beiden anderen Kinder mit dem mexikanischen Kindermädchen im Grenzchaos zwischen den USA und Mexiko in eine lebensbedrohliche Situation. In Japan versucht die junge taubstumme Chieko den Selbstmord ihrer Mutter zu verwinden, doch ihre verzweifelte Suche nach Nähe und Zärtlichkeit scheitert immer wieder. Ihr Vater, ein Großwildjäger, war es, der jenes verhängnisvolle Gewehr einst in Marokko einem einheimischen Führer schenkte.
Die Kombination der drei Geschichten wird auf den ersten Blick nur lose durch äußerliche Motive hergestellt. Regisseur Alejandro González Iñárritu verschachtelt in seinem weltumfassenden Filmepos seine Episoden jedoch auf eine Weise, dass die verschiedenen Handlungsebenen spannungsvoll ineinander greifen. Ihren gemeinsamen Fluchtpunkt bilden die fatalen Verkettungen, die sich aus kulturellen, psychologischen und medialen Fehlwahrneh-mungen entwickeln.
Die Stärken des Films liegen weniger in großen Gesten als in der Beobachtung transkultureller Gemeinsamkeiten im Kleinen. „Babel“ ist, wie der Titel signalisiert, eine Reflexion über die Verständigungsprobleme zwischen den Kulturen und zwischen den Generationen. Das taubstumme Mädchen steht bildhaft für die Begrenztheit verbaler Kommunikation. Vor allem die Kinder bleiben mit ihren Todeserfahrungen und ihrer Todesangst unverstanden und finden keinen Ort der Geborgenheit. So wirken noch die überwältigenden Aufnahmen von der marokkanischen und der kalifornischen Wüste wie Bilder einer nach außen gekehrten psychischen Ödnis, die sich in die menschlichen Beziehungen eingeschlichen hat.