Film des Monats: September 1998

Am Rande der rumänischen Stadt Cluj hausen Roma-Familien in ihren Bretterverschlägen auf einer Müllkippe und verdienen durch das Aussortieren wiederverwertbarer Rohstoffe mühselig ihren Lebensunterhalt. An diesem Ort riecht beinahe alles nach Elend: die notdürftigen Unterkünfte mit ihrer Kälte im Winter und der stinkenden Hitze des Sommers; die völlig verschmutzten Kinder, die von klein auf arbeiten müssen; die ständige Bedrohung der Roma durch die lokale Bevölkerung und ihre Politiker. AUF DER KIPPE ist jedoch kein romantisches Sozialdrama mit falschem Betroffenheitspathos. Die Protagonisten dieses Dokumentarfilms leben zwar vom Müll, aber sie gehören keineswegs auf den Müll der Gesellschaft. Der Regisseur, der während der Dreharbeiten über sechs Monate mit den Roma gelebt und ihr Vertrauen gefunden hat, läßt sie ihr Leben spielen. In diesem Spiel vor der Kamera zeigen sie, wie der Schmutz der Kippe von den Körpern der Kinder abgewaschen wird, wie sie Schule und Kino besuchen oder auch wie sie mit dem Tod von ihren Mitbewohnern umgehen. Darin äußern sich ihre Würde und Stärke, ihr Recht auf ein eigenes Leben. Und daß sie den Lebensalltag in ihrem Clan mit der TV-Serie "Dallas" vergleichen, zeugt auch von ihrem Selbstbewußtsein.Die kontinuierliche Begleitung der Familien mit der sehr flexibelen Videokamera erzeugt eine Nähe, die den einzelnen ihr unverwechselbares Gesicht läßt. Im Laufe des Films erscheint ihr Alltag auf der Kippe immer "normaler". In ihrer Alltäglichkeit stiften der Streit und die Freude beim Essen, beim Schlafen und beim Arbeiten eine Solidarität, in der die Existenz auf der Kippe auch als Lebenschance begriffen werden kann.