Film des Monats: Juni 2002
Starbuck ist der Name des Steuermanns der "Peacock” in Herman Melvilles Roman "Moby Dick”. "Starbuck” war auch der Deckname des deutschen Terroristen Holger Meins, der 1974 als erstes RAF-Mitglied, noch in Untersuchungshaft, im Hungerstreik starb. Die Bilder des verhafteten nackten Meins, des ausgemergelten, bärtigen Mannes auf dem Totenbett und der ebenfalls nackten, von der Obduktion entstellten Leiche gehören zur Ikonografie des "Deutschen Herbstes”.Ein Vierteljahrhundert später macht sich Gerd Conradt, Filmemacher und Studienkollege des Malers und Filmstudenten Holger Meins, auf Spurensuche und wertet das seinerzeit entstandene Film- und Fotomaterial aus, collagiert und montiert es mit den Aussagen von so unterschiedlichen Zeitzeugen wie dem Vater Wilhelm Meins, Gretchen Dutschke, Rainer Langhans und vielen anderen. Die Jahre im Untergrund werden, eine eher problematische Lösung, nach den Aussagen einer Freundin von einer Schauspielerin bezeugt.´
Anders als Andreas Veiels Film "Black Box BRD” will der Film keine zeitgeschichtliche Recherche betreiben. Conradts sehr persönliche Annäherung versucht Meins’ Weg in den Terrorismus aus einem künstlerischen Umfeld heraus zu begreifen, ohne ihn aus diesem zwingend abzuleiten. Conradts Interviewpartner Harun Farocki und Wolfgang Petersen stehen für alternative politische oder auch unpolitische Optionen.Die Situierung im ästhetischen Kontext sowie die collagehafte Machart des Films, sein Spiel mit Formen der Inszenierung, verweisen auch auf den Charakter politischer Gesten als ästhetische Aktionen und (Selbst-)Inszenierungen, wie Dutschkes zum Bilderfundus jener Zeit gehöriger Auftritt am Grab von Holger Meins. Der Film zeichnet nach, wie die Vergangenheit zum Bild wird, durch das Geschichte ästhetisch wie historisch in die Erinnerung eingeht. Im zeitlichen Abstand wird erkennbar, wie die Akteure von damals der Rhetorik der eigenen und fremden Bilder erlagen.
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