Film des Monats: Juni 2001
Jeden Mittwochnachmittag treffen sich Claire und Jay, der als Barkeeper arbeitet und Frau und Kinder verlassen hat, heimlich in seiner schäbigen Souterrainwohnung, um wortlos miteinander zu schlafen. Sie wissen nichts voneinander, allein das sexuelle Begehren beherrscht ihre Begegnungen. Als Claire einmal zur wöchentlichen Verabredung ausbleibt, wird Jay unruhig und beginnt, ihr nachzuspionieren. Er erfährt, dass sie verheiratet ist, ein Kind hat und in einem Amateurtheater mitarbeitet. Er freundet sich sogar mit ihrem Ehemann Andy an, einem robusten Taxifahrer. Claire ihrerseits entdeckt zufällig, dass Jay ihr gefolgt ist. Nach einer letzten verzweifelten sexuellen Begegnung trennen sich beide für immer.
In einer Art Versuchsanordnung stellt der Film die Frage nach persönlicher Nähe, indem er die intime Begegnung der Körper und die Zerbrechlichkeit der Gefühle in einer bei aller Offenheit diskreten Inszenierung vor Augen führt. Die Darstellung der Sexualität zeigt die Macht eines Verlangens, das sich selbst genügt. Für diese uneingeschränkte körperliche Hingabe findet der Film einen sinnlichen Ausdruck, der keinerlei pornografische Züge besitzt. Erst das Interesse an der Person des anderen bringt Gefühle ins Spiel, die sich auf isolierte sexuelle Begegnungen nicht begrenzen lassen. Körperliche und persönliche Nähe sind für viele Paare heute keineswegs identisch. Der Film lässt offen, in welcher Form intime Beziehungen möglich sind. Indem der Mann in das vor ihm verborgene Alltagsdasein der Frau eindringt, beschädigt er auch die Intimität der Körper, zu der sie sich einmal die Woche verabredet hatten. Die Sehnsucht nach Nähe und Vertrautheit offenbart eine Verwundbarkeit jenseits der Lust. Patrice Chéreaus Film weiß um den schmerzlichen Konflikt zwischen Leidenschaft und Glücksverlangen, der ein Gefühl der Trauer und Vergeblichkeit hinterlässt.
Widenmayerstraße 38, München Tel.: 089 210 114-0, Fax: 089 210 114-11, info@prokino.de, http://www.prokino.de