Film des Monats: Februar 2017
Wohnungen sind ein knappes Gut im heutigen Teheran. Als das junge Ehepaar Emad und Rana seine Wohnung wegen Einsturzgefahr des Hauses – ausgelöst durch Bauarbeiten auf dem Nachbargrundstück – verlassen muss, findet es nur mühsam eine neue Unterkunft. Emad unterrichtet tagsüber in einer Jungenschule, am Abend probt er gemeinsam mit Rana in einem Theaterensemble Artur Millers Drama „Tod eines Handlungsreisenden“. Ihr Kollege Babak bietet ihnen spontan ein leerstehendes Apartment an, das ihm gehört. Als sie einziehen, finden sie in einem der Räume nicht abtransportierte Habseligkeiten ihrer Vormieterin, die offenbar eine Prostituierte war. Rana wird, während sie unter der Dusche steht, von einem unbekannten Eindringling attackiert und schwer misshandelt. Sie muss ins Krankenhaus, wirkt traumatisiert, will aber keine Anzeige bei der Polizei erstatten. Emad versucht herauszufinden, wer der Täter ist. Aber wem hilft es, alles aufzudecken, wenn dabei Existenzen zerstört werden?
Der Film erzählt die Geschichte eines Paares aus der urbanen iranischen Mittelschicht. Sie sind gebildet, an Kultur interessiert und führen eine gleichberechtigte Ehe. Durch den Verlust der Wohnung werden sie beide mit völlig neuen Herausforderungen konfrontiert und durch eine Gewalttat vor existenzielle Fragen gestellt. Wie in Millers Drama aus dem New York der Nachkriegszeit funktionieren auch die gewohnten Sicherheiten im gegenwärtigen Teheran nicht mehr. Die Rollen auf der Bühne werden zu Spiegelbildern des sozialen Lebens. Sowohl im Verhältnis untereinander als auch zu ihrer Umgebung müssen Emad und Rana sich neu orientieren. Dabei gelingt es Regisseur Asghar Farhadi, der Suche nach dem Gewalttäter, dem Thema von Strafe und Schuld und dem schwierigen Umgang mit einer traumatischen Verletzung immer neue Wendungen abzugewinnen. „The Salesman“ stellt die Frage, was geschieht, wenn die Fundamente von Moral und Religion sich auflösen und soziales Vertrauen verlorengegangen ist.
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