Film des Monats: Mai 2001
Die junge Rosetta hat die Träume von einem normalen Arbeitsleben nicht aufgegeben. Sie kämpft darum mit dem vollen Einsatz ihrer körperlichen Kräfte. So verzweifelt wie vergebens wehrt sie sich dagegen, nach kurzen Jobs immer wieder auf die Straße gesetzt zu werden. Im wörtlichen Sinne ringt sie darum, ihre Mutter vom Trinken abzuhalten. Die Blumen, die diese um die Notunterkunft auf einem Campingplatz pflanzt, reißt Rosetta wieder heraus, sie will sich hier nicht auf Dauer einrichten. Und um einen neuen Job zu bekommen, verrät sie sogar ihren Freund, dessen Hilfe sie mehrfach aggressiv zurückweist.
Die formale Konsequenz, mit der das belgische Regie-Bruderpaar Luc und Jean-Pierre Dardenne den Existenzkampf seiner Protagonistin hautnah zeigt, geht weit über die Methoden der Dogma-Gruppe hinaus. Die durchgehend hektisch bewegte Filmkamera befindet sich stets auf Tuchfühlung mit der Protagonistin, meist auf Augenhöhe, und reproduziert damit deren physische Anspannung. Der Zuschauer wird geradezu zwangsläufig in den Sog von Rosettas Wahrnehmungen und Verstörungen hineingezogen.
Die Brüder Dardenne sehen ihren Film in der Nachfolge von Kafkas Roman "Das Schloß", in dem der Held K. Einlass in eine ihm verschlossene Welt begehrt. Auch ROSETTA ist eine radikale Metapher für eine Welt, die dem Individuum fremd und abweisend gegenübertritt, und zugleich konkretes Bild einer Mechanik, die Menschen ins Abseits drängt.
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