Film des Monats: März 2006
Anfang der 70er Jahre: Michaela kommt aus einem streng katholischen Elternhaus. Gegen den Widerstand der Mutter, die um die als Epileptikerin diagnostizierte Tochter besorgt ist, und mit Unterstützung ihres Vaters beginnt sie ihr Studium der Pädagogik in Tübingen. Sie genießt das neue Leben und findet in der alten Schulkameradin Hanna eine Freundin. Auf einer Wallfahrt nach Norditalien wird die gläubige junge Frau von beunruhigenden Gefühlen und Stimmen überwältigt. In Tübingen konzentriert sie sich wieder auf ihr Studium und verliebt sich in Stefan. Nachdem Hanna sie eines Morgens ohnmächtig in ihrem Zimmer findet, kann sie ihren Zustand nicht länger verheimlichen. Zwischen ärztlicher Hilfe, der Seelsorge ihres Heimatpfarrers und dem massiven Druck der Mutter gerät sie immer mehr in die Krise. Stefan verschweigt sie, dass sie Stimmen hört. Ihr Gesundheitszustand verschlechtert sich, so dass er sie in ihr Heimatdorf bringt. Ausfallend und aggressiv begegnet sie den Eltern, die nun einem Exorzismus zustimmen. Ein Jahr später stirbt Michaela an Entkräftung.
"Requiem" geht auf einen öffentlich und juristisch kontroversen Fall zurück, der auch in Hollywood verfilmt wurde. Hans-Christian Schmid erzählt die Geschichte ohne jeden spekulativen Effekt, dafür psychologisch um so eindringlicher. Mit großem Gespür für den Zusammenprall zweier Lebenswelten, der geschlossenen des Dorfes und der offenen einer Hochschule der 70er Jahre, entwickelt er die Dramaturgie des Films. Die daraus folgende Identitätskrise Michaelas wird von der jungen Schauspielerin Sandra Hüller grandios verkörpert. Religiöse und medizinische Deutungen ihres Leidens stehen unvermittelt nebeneinander. Der Exorzismus erscheint wie ein hilfloser Versuch, den Konflikt zwischen Tradition und Moderne zu verdrängen. Schmid gelingt die Schilderung eines seelischen Dramas, das sich Begriffen entzieht und die Begrenztheit der Rationalität verdeutlicht.
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