Film des Monats: Dezember 2003
Die junge Lehrerin Rachida lebt und arbeitet in einem alten Stadtviertel von Algier. Eines Morgens wird sie auf dem Weg zur Schule von einem ehemaligen Schüler und dessen Freunden gewaltsam festgehalten. Sie verlangen von ihr, eine Bombe in die Schule zu bringen. Als sie sich weigert, wird sie niedergeschossen. Schwer verletzt überlebt sie. Aus Furcht vor Repressalien verlässt sie mit ihrer Mutter die Hauptstadt und findet in einem kleinen Dorf Zuflucht. Nach wenigen Monaten beginnt sie in der Dorfschule zu unterrichten. Doch auch dort bleibt sie vom Terror nicht verschont.
Der Film, der die Geschichte seiner Hauptfigur mit zahlreichen Nebenepisoden verknüpft, entwirft das beklemmende Bild einer Gesellschaft, die der Terror deformiert. Die Opfer von gestern sind traumatisiert, die von morgen verängstigt, jede freie Regung ist bedroht. Die aktuellen politischen Hintergründe bleiben absichtlich ausgeblendet. Nackte Gewalt blitzt nur wenige Male auf. Ihre alltägliche Gegenwart aber unterstreicht der Film gleich zu Beginn und räumt mit einem Klischee auf: Rachida wird nicht von vermummten Terroristen angegriffen, sondern von jungen Leuten mit Turnschuhen und Baseballkappen, die aussehen wie jedermann. Gegenüber der Gewalt bleiben die Männer auffallend passiv, manche sehen sich gar in ihrer patriarchalen Macht bestätigt. Dem stellt Yamina Chouikh in ihrem Filmdebüt das Verhalten der Frauen gegenüber, die Schmerz und Freude teilen. Die bedrückende Situation wird durch lyrische Momente aufgehellt, die eine menschlichere Welt ahnen lassen: Es genügen ein paar Seifenblasen in der Schulklasse, bunte Tücher, die einer vergewaltigten Frau umgelegt werden, ein warmes, belebendes Licht, das die verschreckte Rachida umspielt. Im programmatischen Schlussbild versammeln sich Lehrerin und Kinder in der Schule des nach einem Anschlag verwüsteten Dorfes, Rachida beginnt mit dem Unterricht. Frauen und Kinder bilden das Bündnis gegen den Terror, auf das der Film seine Hoffnung setzt.
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