Film des Monats: Februar 2004
Seine ersten Verse ritzt der Junge in die Rinde der Bäume. In den ärmlichen Verhältnissen seiner Familie stößt er auf Unverständnis, kurzerhand fällt sein patriarchaler Großvater die Bäume mit den dichterischen Versuchen. Sein ganzes Leben lang wird den kubanischen Schriftsteller Reinaldo Arenas dieser Konflikt zwischen der Ignoranz der Mächtigen und dem eigenen künstlerischen und sexuellen Weg begleiten. Als junger Mann begeistert er sich für die revolutionäre Bewegung Fidel Castros und zieht in das pulsierende Havanna. Nach dem Sieg Castros kann sich Arenas für kurze Zeit als Schriftsteller und Homosexueller entfalten. Doch die anfängliche Toleranz weicht bald der Repression. Arenas lässt sich nicht einschüchtern, sein zweiter Roman wird im Ausland publiziert. Verfolgt, inhaftiert, gefoltert und ausgegrenzt verlässt Arenas schließlich 1980 Kuba und geht nach New York ins Exil. Arm und an AIDS erkrankt nimmt er sich 1990 das Leben.
Der Maler Julian Schnabel inszeniert das Leben Reinaldo Arenas in Bildern, die kongenial der Eigenwilligkeit künstlerischer Existenz entsprechen. Nicht politische Opposition, sondern künstlerische und sexuelle Freiheit treten in Widerspruch zu staatlich vorgeschriebenem Denken und Verhalten. Skurril und amüsant wirken die Phantasien der Befreiung, die der homosexuelle Schriftsteller in seiner dem Film zu Grunde liegenden Autobiographie entwirft. Ob ein Transvestit die Manuskripte Arenas in seinen Eingeweiden aus dem Gefängnis schmuggelt oder ein Fluchtversuch mit einem Heißluftballon eine tragisch-komische Wende nimmt: trotz der oft erbärmlichen Situation des Verfolgten ist der Film ein Plädoyer für die Kraft der Poesie und die Entfaltung unabhängigen Geistes. Schnabel hebt mit starken Bildentwürfen die grausame Realität von Diktatur und Unterdrückung immer wieder auf, um den tauben und blinden Machthabern nicht das letzte Wort zu lassen.
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