Film des Monats: März 2016

Mustang
Regie: Deniz Gamze Ergüven
Drehbuch: Deniz Gamze Ergüven, Alice Winocour
Frankreich, Deutschland, Türkei 2015
In einem türkischen Dorf in der östlichen Türkei an der Küste des Schwarzen Meeres wachsen Lale und ihre vier älteren Schwestern nach dem Tod ihrer Eltern im Haus ihrer Großmutter und ihres Onkels auf. Es sind neugierige und lebenslustige Heranwachsende, alle gehen noch zur Schule. Einmal toben sie ausgelassen am Strand mit gleichaltrigen Jungen. Für Großmutter und Onkel ist diese Nähe zu den Jungen schamlos und unsittlich. Sie erhalten Hausarrest. Die Mädchen rebellieren gegen die Zwänge, die sie auf ein traditionelles Rollenverhalten festlegen wollen. Sie verlassen das Haus trotz vergitterter Fenster und verriegelter Türen immer wieder, haben erste Freunde und widersetzen sich den Androhungen des Onkels. Für eine nach der anderen werden Hochzeiten arrangiert, bei der ihre Jungfräulichkeit gewährleistet sein und der Brautpreis stimmen muss. Eine der Schwestern erträgt den häuslichen Terror nicht länger und nimmt sich das Leben. Als auch Nur, noch ein Kind, verheiratet werden soll, verbarrikadiert sie sich mit Lale vor den ankommenden Hochzeitsgästen.
 
Die türkische Gesellschaft befindet sich im Umbruch zwischen Tradition und Moderne. Der Film beschreibt exemplarisch, wie heranwachsende Mädchen nach ihrem eigenen Ort suchen, der nicht mehr von patriarchaler Herrschaft und familiären Konventionen geprägt ist. Die Zwangsverheiratung Minderjähriger, die Verweigerung der Bildung und die Reduzierung der Frau auf ihre Rolle als künftige Mutter und Hausfrau widersprechen jeglichem Anspruch auf individuelle Selbstbestimmung und Emanzipation. Die Kamera zeigt die Unbefangenheit der Mädchen im Verhältnis zum eigenen Körper, im Gegensatz zu einer Tabuisierung, die, so die Regisseurin, alle Frauen ständig sexualisiert. Die Kritik an der Tradition hat auch ihren Preis, kann Ausgrenzung und Verzweiflung zur Folge haben. Dagegen eröffnen die Phantasie und aufgeweckte Raffinesse Lales ihr den Weg in eine Zukunft, die Frauen gesellschaftliche Teilhabe und eigene Entscheidungen ermöglicht. „Mustang“ setzt der erstarrten Tradition einen überzeugenden weiblichen Freiheitsdrang entgegen. 
 
Als Download (PDF):
Trailer:
Film-Credits
Frankreich, Deutschland, Türkei 2015
Produzent:
Charles Gillibert
Regie:
Deniz Gamze Ergüven
Drehbuch:
Deniz Gamze Ergüven, Alice Winocour
Kamera:
David Chizallet, Ersin Gok
Schnitt:
Mathilde van de Moortel
Musik:
Warren Ellis
Darsteller:
Güneş Nezihe Şensoy (Lale), Doğa Zeynep Doğuşlu (Nur), Elit İşcan (Ece), Tuğba Sunguroğlu (Selma), İlayda Akdoğan (Sonay), Nihal Koldaş (Großmutter), Ayberk Pekcan (Erol) u.a.
Format:
DCP, Farbe 97 Min.
Verleih:
Weltkino Filmverleih GmbH
Karl-Tauchnitz-Straße 6, 04107 Leipzig, Tel.: 0341 21339 111, Fax: 0341 21339 303, info@weltkino.de, www.weltkino.de
Preise:
FIPRESCI-Preis, Valladolid 2015; Bestes Drehbuch, Stockholm 2015; Bester Film, Sarajevo 2015; Bester Erstlingsfilm, Philadelphia 2015; Grand Prix und Beste Regie, Odessa 2015; Europäische Entdeckung des Jahres, Europäischer Filmpreis 2015; Label Europa Cinemas, Cannes 2015; LUX-Filmpreis des Europäischen Parlaments 2015; Nominierung für den Auslands-Oscar 2016
FSK:
ab 12
Kinostart:
25. Februar 2016