Film des Monats: Mai 2005
Minutenlang fährt die Kamera an der Mauer entlang, die die israelische Regierung aus Sicherheitsgründen gegenüber palästinensischen Selbstmordattentätern errichtet. Wie ein Vorwurf windet sich die Mauer durch die Landschaft: sie nimmt den Blick auf den Nachbarn und zerschneidet geschichtlich gewachsene Beziehungen. Auf beiden Seiten erzeugt sie das Gefühl, entweder ausgegrenzt oder eingesperrt zu sein. Auf die Frage an israelische Kinder, was ihnen zur Mauer einfalle, antwortet eine helle, nachdenkliche Mädchenstimme: "Dies ist ein Ort, von dem aus wir auf die Araber schießen. Und sie auf uns.“ Das Echo zu dieser Sicht kommt von dem in Gaza tätigen arabischen Psychologen Eyad. Nach offiziellen Erhebungen, die durch die individuellen Erfahrungen in seinem Beruf bestätigt werden, möchten heute 24% der palästinensischen Kinder als Märtyrer sterben; fast ein Viertel aller 12-Jährigen ist fest davon überzeugt, in sechs Jahren nicht mehr am Leben zu sein. Viele Israelis sind zwar mit dem Verlauf der Mauer nicht einverstanden, aber sie akzeptieren, dass sie gebaut wird. Auch wenn sie ihnen längerfristig keine Sicherheit garantiert, verschafft sie ihnen eine Atempause in der andauernden Bedrohung durch Terroranschläge.
Der Dokumentarfilm konzentriert sich ganz auf die politischen, sozialen und psychischen Folgen des Mauerbaus. Inmitten des ohrenbetäubenden Lärms der Bulldozer kommen die leisen Stimmen derer zu Wort, deren wirtschaftliche Existenz zerstört oder denen die politische Hoffnung genommen wird. Dass Mauern auch eine Form der Selbsteinschließung bedeuten, wird nicht nur durch das Bauwerk selbst sinnfällig, sondern auch in den mentalen Haltungen spürbar: Es verfestigen sich die Gefühle der Bedrohung, der Angst und der Feindschaft. Schließlich zeigt der Film am Ende, wie durchlässig die Mauer an vielen Stellen ist. Damit wird deutlich: solche Sicherheitsmaßnahmen können nicht leisten, was sie versprechen. Sie erhöhen nur Unsicherheit und Verzweiflung.
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