Film des Monats: Juni 2012
Am 14. Juli 1789 weiß der Hof von König Ludwig XVI. in Versailles noch nicht, dass seine Herrschaft zu Ende geht. Es gibt Gerüchte, dass die Bevölkerung die Bastille, das Gefängnis von Paris, gestürmt hat. Eine Vielzahl von Personen mit ihren speziellen Aufgaben am Hof repräsentiert die absolute königliche Macht. Klatsch und Intrigen, peinlich genaue Beachtung des Protokolls und die Launen der Königin bestimmen ihren Alltag. Sidonie Laborde ist die Vorleserin der junge Königin Marie Antoinette und ihr treu ergeben. So wenig wie die Königin kann sie sich zunächst vorstellen, dass die Tage in Versailles gezählt sind. Als sich die Nachrichten über den Aufstand verdichten, werden Fluchtpläne geschmiedet. Dabei hat die Königin Sidonie eine besondere Aufgabe zugedacht: sie soll mit ihrer dem Volk verhassten Favoritin, der Herzogin von Polignac, die Rolle wechseln.
Die Rollen im Repräsentationstheater der Macht sind zwar festgelegt, aber sie haben inzwischen den Bezug zur sozialen Realität verloren. Der Film zeigt den Hof von Versailles am Beginn der französischen Revolution als Bühne einer um sich selbst kreisenden Herrschaft, die sich in einem Prozess der Auflösung befindet. Das Protokoll ist erstarrt, die endlosen Flure führen ins Nichts, die Launen der Königin stiften nur noch Unruhe. Die opulenten Kostüme und Perücken sind Verkleidungen für vergangene Größe; das Unverständnis gegenüber der rebellierenden Bevölkerung verstärkt die Wirklichkeitsferne des feudal-absolutistischen Systems. Als Gleichnis über die Vergänglichkeit der Macht ist der Film von höchster Aktualität. Inszenierungen der Macht mit neofeudalen Zügen sind auch in der Gegenwart keineswegs unbekannt. Sie zeigen sich heute darin, dass über wirtschaftlichen und politischen Einfluss auch in demokratischen Gesellschaften oft nur eine kleine Gruppe verfügt. Ihnen hält der Film ironisch einen Spiegel vor.
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