Film des Monats: Februar 2021

Kabul, City in the Wind (Kabul, City in the Wind)
Regie: Aboozar Amini
Drehbuch: Aboozar Amini
Niederlande 2018

Ein Busfahrer singt ein wehmütiges Lied: »Das ist unser geliebtes Land. Das ist Afghanistan.« Zwei kleine Jungen sitzen auf einem Dach, den Rücken der Kamera zugewandt. Sie blicken hinab auf die Millionenstadt Kabul, ein farbentleertes Betonmeer, vor ihnen in der Ebene. Wenn sie nicht gerade den Sandstaub vom Dach ihres Hauses kehren oder die dürren Bäume davor gießen, erzeugen sie mit den anderen Dorfkindern klangvolle Töne, indem sie Steine gegen die blecherne Wand eines abgewrackten Panzergehäuses schmettern. Afshin träumt davon, einmal Ingenieur zu werden, sein jüngerer Bruder Benjamin will Polizist werden. Doch was ist das für ein Leben, was für eine Zukunft, wenn der Begriff »Selbstmordattentäter« wie selbstverständlich zum Wortschatz eines Elfjährigen gehört? Die Bedrohung durch Krieg und Gewalt bestimmt aller Leben, das der Kinder wie das der Erwachsenen. »Wenn ich auf mein Leben zurückblicke«, resümiert der Busfahrer Abas, der vor lauter Schulden die Instandhaltung seines Busses nicht bezahlen kann und am Ende Bus und Arbeit verliert, »waren nur zehn Prozent davon friedlich.« 

Ein im Film wiederkehrendes Bild ist der Friedhof mit den Gräbern der Toten, die 2016 bei einem Selbstmordanschlag in Kabul ihr Leben verloren. Entlang der von Geröll umgebenen Grabstätte flattern Fahnen im Rot und Grün der afghanischen Landesfarben lautstark im Wind. Dem in Afghanistan geborenen Regisseur Aboozar Amini, der als Kind in die Niederlande kam und dort ein Filmstudium absolvierte, ist ein eindrucksvoller Dokumentarfilm gelungen. Mit seinen losen Erzählsträngen wirkt der Film wie eine Collage. Dicht bleibt er an den Menschen, die er porträtiert, den beiden Jungen und dem Busfahrer. Er schildert Geschichten von gewöhnlichen Menschen und ihrer Bewältigung des Alltags in einem von Krieg und Gewalt gezeichneten, instabilen Land. Die sorgfältig komponierten Bilder entfalten bei aller Trostlosigkeit der Lebensverhältnisse eine poetische Kraft; sie prägen sich ebenso tief ein wie die Blicke der Kinder, die sich unmittelbar auf den Betrachter richten.

Der Kinostart wurde von Februar 2021 auf November 2021 verschoben.

Webtrailer
Film-Credits
Niederlande 2018
Produzent:
Jia Zhao
Regie:
Aboozar Amini
Drehbuch:
Aboozar Amini
Kamera:
Aboozar Amini
Schnitt:
Barbara Hin
Musik:
Jeroen Goeijers
Darsteller:
Afshin, Benjamin, Abas
Verleih:
jip film & verleih gbr
Oeder Weg 42, 60318 Frankfurt, Deutschland, Tel.:+49 069 805 322 73, info@jip-film.com, www.jip-film.de
Preise:
Filmpreis Globale Perspektiven - Gewinner (2020); Visions du Réel, Nyon (2019); Special Jury Award – IDFA Amsterdam (2018); CPH:DOX Kopenhagen – NEXT:WAVE Gewinner (2018); Middle East Now Film Festival in Florence – Eröffnungsfilm (2018); DOCVILLE – internationaler Wettbewerb (2018); 34. DOK.fest München – internationaler Wettbewerb (2018)
FSK:
ab 12 Jahren freigegeben
Kinostart:
18.11.2021