Film des Monats: Mai 1999
Ziellos läßt sich Karen durch die Stadt treiben. In einem Restaurant trifft sie auf zwei geistig behinderte Männer mit ihrer Betreuerin. Als sie ihnen folgt, stellt sich heraus, daß die beiden "Idioten" zu einer Gruppe junger Leute gehören, die das Spiel mit der Behindertenrolle als ein soziales Experiment verstehen. Anarchisch und exzessiv, provozierend und verstörend wollen sie die Regeln und Verhaltensformen der bürgerlichen Normalität brechen.
Was wie eine Verspottung geistig Behinderter wirken könnte, dient jedoch der Aufklärung des gesellschaftlichen und des eigenen Umgangs mit dem "Verrückten". In eingeblendeten Kommentaren reflektieren die Gruppenmitglieder ihre Erfahrungen als "Idioten" und erkennen, wie sehr ihre Ausbruchsversuche, das Ausleben privater Obsessionen und sexueller Phantasien auch bei ihnen äußerem Druck und den Gefühlen der Angst folgen.
Als Stoffer, der Ideologe der Gruppe, verlangt, auch im Alltag von Beruf und Familie den Idioten zu spielen, bricht sie auseinander. Nur Karen bleibt auch nach ihrer Rückkehr nach Hause eine "Idiotin", und es wird offenbar, daß die gesellschaftliche Konvention genauso wenig wie ihre Familie den traumatischen Verlust aufzufangen vermag, den sie erlitten hat
IDIOTEN ist wie T. Vinterbergs DAS FEST den Arbeitsbedingungen der Dogmagruppe verpflichtet: die scheinbar amateurhafte Handkamera visualisiert das Chaotische und Unvorhersehbare in der Gruppe und verleiht dem Spiel einen gleichsam dokumentarischen Charakter. Das Verrückte und das Normale, Spontaneität und geplante Dramaturgie werden ununterscheidbar.
Die Geschichte Karens spitzt die Fragen des Films moralisch zu: wie unempfindlich und kaum erschütterbar verhält sich eine Gesellschaft, die individueller Verzweiflung und Orientierungslosigkeit mit bürgerlichen Ritualen meint begegnen zu können.
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