Film des Monats: September 1996

Henry (William Hurt), ein erfolgreicher Psychoanalytiker in New York, braucht Ruhe vor seinen Patienten. Beatrice (Juliette Binoche), einer Tänzerin aus Paris, geht die Schar ihrer Verehrer auf die Nerven. Sie entdeckt Henrys Zeitungsannonce, in der er einen zeitlich begrenzten Wohnungstausch inseriert. So lernen sich die beiden zunächst über die Wohnung, Möbel, Kleidung und Personen aus der Umgebung des jeweils anderen kennen. Elegant zeigt der Film diese Erfahrung als eine schrittweise Entdeckung der eigenen Person wie auch ihrer Beziehung zueinander. Beatrice, die potentielle Patientin, wird zur "Analytikerin", während Henry alsbald dem nervenaufreibenden Chaos in der Pariser Wohnung entflieht, nach New York zurückkehrt und auf seiner eigenen Couch landet.

Mit spielerischer Leichtigkeit verwandelt die belgische Regisseurin das Genre der romantic comedy in eine unangestrengte Reflexion über Liebe und Verstehen. Kann man verstehen, was man liebt, kann man noch lieben, was man durchschaut hat? Chantal Akerman bedient sich dazu zahlreicher Genremuster: des Rollentauschs, der Romanze, des Schwindels und der ständigen Gefahr seiner Entlarvung; selbst ein Hund als nichtmenschlicher Katalysator des Glücks fehlt nicht. Stilsicher variiert sie das Tempo und erhält die Spannung selbst noch in längeren Einstellungen. Montage und Bildaufbau stilisieren die Gegensätzlichkeit der Protagonisten, die gerade so besonders gut zueinander zu passen scheinen. "Eine Couch in New York" benutzt ritualisierte Formen aus der Kommunikation zwischen Patient und Analytiker überaus ironisch und witzig, ohne jedoch die Psychoanalyse zu denunzieren. Der Film erlaubt dem Zuschauer Umwege und Phantasie und eröffnet augenzwinkernd Blicke auf das "ganz normale Chaos" der Liebe.