Film des Monats: November 2013
Die 23jährige Rahima lebt mit ihrem zehn Jahre jüngeren Bruder Nedim in einer heruntergekommenen Mietwohnung. Ihre Eltern wurden im Bosnienkrieg getötet, beide sind in einem Waisenhaus aufgewachsen. Die Kriegserlebnisse haben bei ihnen tiefe seelische Verletzungen hinterlassen. Rahima hat sich nach rebellischen Teenagerjahren dem Islam zugewandt und arbeitet als Köchin in einem Restaurant. Sie trägt ihr Kopftuch wie einen Schutz gegen eine aggressive Umwelt. Vor allem aber sorgt sie sich um ihren Bruder. Nedim gerät in seiner Schule in Konflikte mit den Kindern der neuen Elite. Es droht der Verweis von der Schule. Das Leben in dieser Nachkriegsgesellschaft mit ihren neuen Reichen, der steigenden Verarmung großer Teile der Bevölkerung und den Zerstörungen der Vergangenheit ist kaum noch zu bewältigen. Vielleicht kann Rahima sich selbst so wenig helfen wie ihrem Bruder. Doch schließlich erkennen die Geschwister, dass sie aufeinander angewiesen sind.
Wie sich traumatische Erfahrungen des Krieges auf den Einzelnen wie auch auf die Gesellschaft auswirken, zeigt der Film auf eindrucksvolle Weise. Der Verlust der Eltern hat Vertrauen grundlegend zerstört, so dass alle gegenwärtigen Beziehungen im Schatten düsterer Erinnerungen stehen. Eine hochbewegliche Kameraführung macht die innere Unruhe sichtbar, die das Leben bestimmt. Korruption, mafiaähnliche Strukturen, rechtliche und wirtschaftliche Unsicherheit erzeugen ein Klima andauernder Bedrohung. Der Alltag wird zum Kampf um die eigene Würde und um die Anerkennung der erlittenen Verletzungen durch die anderen – gegen Unterdrückung und Aggression, gegen sexuelle, religiöse oder ethnische Diskriminierung, gegen Zynismus, Misstrauen und Gleichgültigkeit, die die Gegenwart prägen. Die kleinen Schritte aufeinander zu sind es, die in diesem Film Hoffnung jenseits der Traumatisierung machen.
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