Film des Monats: August 2011
Familiengeschichten haben ihre eigene Dramatik und verborgenen Abgründe. Als Hans stirbt, kommen seine vier Kinder nach Jahren wieder zusammen. Niki, der als Mediziner in München lebt, erreicht ihn noch am Sterbebett. Zur Beerdigung treffen dann ein: Vito, der nicht so recht weiß, was er in seinem Leben anfangen soll; die erheblich jüngere Mizzi, die an gelegentlichen Zitteranfällen leidet; und schließlich Kyra, die Niki und Vito seit der Trennung vor 23 Jahren nicht gesehen haben. Damals lebte der Vater in einer alternativen Wohn-, Lebens- und Liebesgemeinschaft mit den Müttern seiner Kinder auf dem Lande. Kyra und ihre Mutter mussten das Haus auf Betreiben von Mizzis Mutter verlassen. Niki und Vito entschieden sich, beim Vater zu bleiben. Kyras Versuche, brieflich mit ihm Kontakt aufzunehmen, blieben über Jahre hinweg erfolglos. Die innere Verbundenheit mit ihrem Bruder Niki ist von einem unausgesprochenem Vorwurf überschattet. Langsam wird ein verhängnisvolles Geheimnis gelüftet, das sich kurz nach Mizzis Geburt ereignete und alle beschädigt hat.
In „Die Vaterlosen“ wird eine komplexe Familienstruktur und die Suche nach einer Alternative zur kleinbürgerlichen Familie zum Thema. Wie emotionale Ambivalenz und erlittene Verletzungen, aber auch Geborgenheit und Freiheit auf die Kinder gewirkt haben, zeigt der Film in einer differenzierten psychologischen Charakterstudie seiner Hauptfiguren. Die Leichtigkeit der ländlichen Idylle und die Schwere psychischer Erbschaften geben dem Film seinen Rhythmus. Die erwachsen Gewordenen müssen sich mit dem abwesenden Vater auseinandersetzen, der in ihrer Erinnerung dennoch ständig präsent ist. Dabei wird eine zutiefst egozentrische, allen Bindungen sich entziehende und deshalb für unterschiedliche Projektionen offene Vaterfigur sichtbar. Was eine Familie ist, wird zur Herausforderung eines verantwortlichen Lebens – weit über das konventionelle Zusammenleben von Eltern und Kindern hinaus.
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