Film des Monats: Oktober 2001
Als die Klavierlehrerin Erika Kohut, eine am Wiener Konservatorium beschäftigte Enddreißigerin, des Abends verspätet nach Hause kommt, empfängt die ungeduldig wartende Mutter sie mit einer Ohrfeige. Sie entwindet der Tochter die Aktentasche, aus der sie ein neu gekauftes Kleid zwischen den Notenblättern hervorzieht und es in Fetzen reißt. Wütend reißt sie die Mutter an den Haaren. Doch wenig später liegen die beiden Frauen sich weinend in den Armen, und Erika bereut bitterlich, der Mutter wehgetan zu haben.Mutter und Tochter leben nicht nur unter einem Dach, sondern schlafen auch im gleichen Bett. Die seelischen Folgen dieser fatalen Beziehung demonstriert der Film sowohl an dem erbarmungslosen Drill, den Erika ihren Schülern auferlegt, vor allem aber an ihrer auf Demütigung und Schmerz fixierten Sexualität - heimlich besucht sie Pornokinos und verletzt mit einer Rasierklinge ihr Geschlecht. Als der junge Walter Klemmer sie zu verführen trachtet, weist Erika ihn zunächst kühl zurück. Doch bald kehren sich die Machtverhältnisse um. Schockiert von den masochistischen Gewaltfantasien der bewunderten Lehrerin, wendet Walter sich angewidert ab. Indem er Erika schließlich doch beim Wort nimmt, lässt er sie als Opfer ihrer zu blutiger Realität gewordenen Fantasien zurück.
Michael Haneke hat nach einem Roman von Elfriede Jelinek einen zutiefst verstörenden Film über Gewalt und Sexualität gedreht. Er zeigt deren quälende Verquickung konsequent bis zur Obszönität, bleibt aber zugleich analytisch distanziert und überzeugt nicht zuletzt durch die schauspielerische Brillanz Isabelle Hupperts und Benoît Magimels. Indem er eine pathologische psychische Verfassung in ihren familiären Ursprung zurückverfolgt, führt er den Zuschauer bis zur Grenze des Erträglichen und lenkt den Blick auf das in den Exzessen und der bürgerlichen Fassade verborgene menschliche Elend.
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