Film des Monats: August 2000

Der niederländische Dokumentarfilmer Johan van der Keuken hat seit Jahrzehnten mit Leidenschaft und aufmerksamer Neugierde die Welt bereist. Dabei ist ein bedeutendes Werk entstanden. Als er erfährt, dass seine Krebserkrankung wieder ausgebrochen ist und er nur noch eine befristete Zeit zu leben hat, entschließt er sich, gemeinsam mit seiner Frau und Mitarbeiterin noch einmal aufzubrechen. Wir sind mit ihm unterwegs, im Auto, Bus, Flugzeug oder zu Fuß. Ob die Mönche in einem Himalayakloster oder die Wäscherinnen am Ufer des Niger, die Menschen in den Favelas von Rio oder Freunde bei Retrospektiven seiner Filme: spirituell und künstlerisch will der Film eine Vielfalt des Lebens einfangen, die sich von der meditativen Atemtechnik bis zum mühevollen Überlebenskampf ausspannt.

Eingeflochten in diese Beobachtungen ist die Suche van der Keukens nach einer Therapie gegen den Krebs, Gespräche mit westlichen Ärzten und asiatischen Heilern, Behandlungen mit medizinischen Apparaten und schamanistischen Techniken, bis schließlich ein New Yorker Krebsspezialist mit einer neu entdeckten Kräutermischung einen überraschenden Heilungserfolg erzielt.

Wie gehen die Menschen mit Leben und Tod um? Welche Möglichkeiten der Heilung gibt es? Im Angesicht des Todes wird das Filmen wie das Leben zur Improvisation. Bilder stellen sich ein und lösen sich wieder auf; so hält die Kamera in einer Serie von Augenblicken die Gesichter von Kindern aus einem afrikanischen Wüstendorf fest, die sich höchst individuell mit ihren Namen vorstellen. Solche unmittelbar eingefangenen Bilder überdauern die Lebenszeit und werden zum filmischen Gedächtnis. Durch Musik und Schnitt entsteht ein Rhythmus, der im Wechsel von Ruhe und Beunruhigung zum Nachdenken über die eigene Sterblichkeit einlädt. Mit der Einübung ins Sehen ist für van der Keuken eine Einübung ins Sterben verbunden, die sich dem Tod in seiner Allgegenwart nicht resignativ unterwirft. Umgekehrt entsteht aus der intensiven Auseinandersetzung mit dem eigenen Schicksal eine Hinwendung zur Vielfalt menschlichen Lebens, die von sich selbst absehen kann. Augenblicksglück und Todesfurcht sind nicht unüberwindbare Gegensätze, sondern können wie in DIE GROSSEN FERIEN auch Geschwister sein.