Film des Monats: Dezember 1997

New Canaan, Connecticut, November 1973. In der Watergate-Affäre belügt der Präsident der USA die Bevölkerung. Musik, Mode und Geist der 68er haben die parkartige Vorstadt erreicht, wo die Familien Hood und Carver wohnen. Deren heranwachsende Kinder machen ihre ersten sexuellen Erfahrungen und probieren auch sonst allerhand Neues aus. Die Ehepaare haben sich auseinandergelebt, sie versuchen durch Nachbarschaftsaffären und Partnertausch-Spielchen der alltäglichen Frustation und dem Horror vacui zu entfliehen. Mit dem Erwachsenwerden der Kinder verschärft sich die Krise zwischen den Eltern. Ein gewaltiger Eissturm, der nach Thanksgiving Day über die Ostküste hereinbricht, offenbart die ganze Verlogenheit, aber auch die Verletzlichkeit des familiären Zusammenlebens. In der Nacht des Sturms stirbt Mikey, der ältere Sohn der Carvers.

Der Film endet, wie er beginnt: die eisverkrusteten Räder des Vorortzuges, in dem der junge Paul Hood wegen Stromausfalls die Nacht verbringen mußte, lösen sich knirschend von den Schienen, die Bahn setzt sich in Bewegung und - die Familie erwartet den Sohn am Bahnsteig.

Familiengeschichten verlaufen kreisförmig, Generationenkonflikte wiederholen sich. Ang Lees Film, der sich durch große Geschlossenheit auszeichnet, variiert dieses Motiv innerhalb seiner Konstruktion. Die Metapher vom Eisregen, der die Natur verwandelt, wird zu einem sehr suggestiven Sinnbild für Gefühlskälte und ins Rutschen geratene Familienverhältnisse. Kamerafahrten, die die Akteure einfangen, und Nahaufaufnahmen erzeugen ein Gefühl von ständiger Bedrohung und Gefährdung, das die Familie umgibt. Der Kern der Familie löst sich nicht auf, sondern bleibt: gespenstisch und faszinierend.