Film des Monats: Oktober 2000
Die Fabrikarbeiterin Selma, eine osteuropäische Emigrantin, die in den sechziger Jahren in den USA lebt, hat eine erbliche Augenkrankheit, an der sie erblindet. Sie verheimlicht ihren Zustand, um nicht ihren Job zu verlieren. Ihren Sohn möchte sie vor dem gleichen Schicksal bewahren. Eisern spart sie jeden Cent zusammen, um ihm eine Operation zu ermöglichen. Als ihr verschuldeter Nachbar, dem sie ihr Geheimnis anvertraut hat, das ersparte Geld stiehlt, kommt es zur Tragödie.
Selma liebt Musicals, weil in ihnen "immer alles gut ausgeht". In ihrer Fantasie träumt sie sich immer wieder selbst in Musicalszenen hinein. Aus den Geräuschen und den tristen Lebensumständen des Alltags entfalten sich so unwiderstehliche Tanznummern, bunt und von mitreißender Vitalität. Diese Szenen wurden mit 100 fest installierten Kameras gedreht, während ansonsten eine bewegliche Handkamera die Geschichte in größter Nähe zu den Emotionen vor allem der Hauptfigur aufzeichnet.
DANCER IN THE DARK erzählt in einer komplexen und ungewöhnlichen Bildsprache ein tragisches Frauenschicksal. Im Kontrast zwischen Alltagsmelodram und Musicals geht es um nichts weniger als die Frage des Sehens im Kino, im Spannungsfeld zwischen dem Authentizitätsanspruch der (vom Regisseur mitinitiierten) Dogma-Bewegung und der Traumwelt Hollywoods. Selma ist die Träumerin in der Fabrik. Sie scheitert in der "Realität" - und triumphiert im Film. Ständig verschiebt der Film die Grenze zwischen Innen und Außen, zwischen subjektiver Wahrheit und Fiktion. Dies erweist sich angesichts der Realität von Krankheit, Mutter-Sohn-Beziehung und Todesstrafe gelegentlich auch als problematisch. Ungeachtet solcher Irritationen beeindruckt DANCER IN THE DARK visuell und belegt die herausragende Bedeutung Lars von Triers für das heutige Autorenkino. Schließlich hat der Film in der isländischen Sängerin Björk, die auch für die eigenwillige und ausdrucksstarke Musik verantwortlich zeichnet, eine bewundernswerte Hauptdarstellerin gefunden.
Feilitzschstr. 6, München Tel.:+49 089 44 44 60-0, Fax: +49 089 44 44 60-666, zentrale@constantin-film.de, www.constantinfilm.de