Film des Monats: Dezember 1998
Am Hauptbahnhof von Rio de Janeiro verdient die ehemalige Lehrerin Dora ihren Lebensunterhalt. Für einen Real schreibt sie die Briefe der Analphabeten, einen zweiten Real kassiert sie für das Porto. Nachdem sie mit ihrer Freundin das ihr Anvertraute gelesen hat, entscheidet sie kaltherzig, ob die Briefe zerrissen werden oder in einer Schublade verschwinden.
Auch Josué und seine Mutter haben Dora ein paar Zeilen an den im Norden des Landes lebenden Vater diktiert, worin sie ihn bitten, daß er seinen Sohn kennenlernen möge. Am nächsten Tag wird die Mutter von einem Bus überfahren. Elternlos streunt Josué an der Central Station herum, über Dora gerät er in die Hände eines Kinderhändlers. Sie befreit den Jungen und beide machen sich auf zu einer Reise ins Landesinnere, um seinen Vater zu suchen. An seiner Stelle finden sie jedoch die Brüder des kleinen Josué.
Dem Film gelingt es, über die zögerlich wachsende Sympathie und Zuneigung zwischen Dora und Josué ihre Suche nach emotionalen und sozialen Wurzeln zu versinnbildlichen. "Central Station" entwirft das Panorama eines in sich zerrissenen Landes, in dem Menschen als entwurzelte Waisenkinder einsam und gleichgültig gegeneinander leben. Mißtrauen bestimmt ihr Verhalten, die diktierten Briefe kommen nicht an. Mit Gespür für das unauffällige Detail zeigt der Film, wie die gemeinsame Reise durch den ausgedörrten armen und frommen Nordosten Brasiliens den beiden Hauptpersonen schließlich dennoch Würde und Solidarität ermöglicht. Im Wechsel von Nahaufnahmen und Totalen, von städtischer Enge und ländlicher Weite entsprechen die Bilder dem zentralen Motiv des Films: Wo und mit wem die Alleingelassenen ein Zuhause finden.
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