Film des Monats: Oktober 2009
Scheinbar voneinander unabhängige Ereignisse erschüttern eine norddeutsche Dorfgemeinschaft. Der Dorfarzt stürzt mit seinem Pferd über einen von Unbekannten gespannten Draht und verletzt sich schwer. Die Frau eines Bauern stirbt bei einem Arbeitsunfall. Sein Sohn macht den Gutsherrn für den Tod seiner Mutter verantwortlich und will sich rächen. Als der Sohn des Gutsherrn im Wald misshandelt aufgefunden wird, eskaliert die Situation. Schließlich wird ein behindertes Kind ebenfalls Opfer einer anonymen Gewalttat. Die Verdächtigungen untereinander wirken in der Dorfgemeinschaft wie ein schleichendes Gift. Mit den geheimnisvollen Anschlägen mischen sich die alltäglichen Formen der Gewaltausübung: drakonische Bestrafung von Kindern für Nichtigkeiten, sexuelle Demütigungen, soziale Abhängigkeiten. Dem Lehrer, der die Geschichte aus zeitlicher Distanz erzählt, begegnet die erste Liebe, die unter der Verfügung eines Probejahrs und aus innerer Schamhaftigkeit nur langsam zu wachsen vermag. Am Ende steht der Beginn des Ersten Weltkrieges.
„Das weiße Band“ ist ein filmischer Diskurs über Autorität, Disziplinierung und ihre Folgen. Im Namen der Verantwortung für die Gemeinschaft wird ein Klima der Angst und der Einschüchterung geschaffen, das den Boden für neue Gewalt bereitet. Damit stellt der Film die Frage nach individueller und gesellschaftlicher Schuld. Besonders der protestantische Pfarrer bildet in einer Mischung aus Fürsorglichkeit und unbarmherziger Strenge den Typ des Geistlichen, der in seiner Selbstgerechtigkeit seine Kinder und eine ganze Generation von Konfirmanden terrorisiert. Unerwünschtes wird totgeschwiegen, von der befreienden Kraft der Verkündigung Jesu keine Spur. An dieser Figur wird bedrückend sichtbar, wie sehr die Kirche die Mentalität mitgeschaffen hat, die für die politischen Gewaltexzesse des 20. Jahrhunderts in Deutschland verantwortlich ist.
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